In der Debatte um die Finanzierung der Gesetzlichen Krankenversicherung spricht sich der Wirtschaftsweise Achim Truger für höhere Steuerzuschüsse aus. Eine Erhöhung des Steuerzuschusses, die auch im Koalitionsvertrag vorgesehen ist, um höhere Beiträge für Bürgergeld-Beziehende zu finanzieren, „wäre sehr sinnvoll“, sagte Truger der Tageszeitung „nd“.
Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze als Alternative
Wenn sich daran nichts ändere, „bleibt gar nichts anderes übrig, als die Beitragsbemessungsgrenze zu erhöhen, wenn man nicht die Beitragssätze allgemein anheben möchte“, betonte Truger mit Blick auf den jüngsten Vorschlag von Politikerinnen der SPD und der Grünen. SPD-Fraktionsvize Dagmar Schmidt hatte angeregt, über eine „deutliche Anhebung der Beitragsbemessungsgrenze“ in der gesetzlichen Krankenversicherung zu diskutieren. Derzeit werden Krankenkassenbeiträge nur bis zu einem Bruttogehalt von 4987,50 Euro im Monat erhoben.
Experten halten Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze für sinnvoll
Auch der Sozialwissenschaftler Gerhard Bäcker von der Universität Duisburg-Essen hält den Vorschlag für eine gute Möglichkeit, um die Finanzierung des Gesundheitswesens zu stabilisieren. Zwingend notwendig sei dabei, gleichzeitig die Versicherungspflichtgrenze entsprechend anzuheben, sagte der Experte für Sozialpolitik dem „nd“. Der Gesundheitsökonom Heinz Rothgang sagte mit Blick auf die Frage, woher zusätzliche Mittel für die Krankenversicherung kommen können: Man könne über höhere Steuerzuschüsse reden oder die allgemeinen Beitragssätze anheben. Letzteres würde alle treffen, auch Einkommensschwache. Eine Anhebung der Beitragsbemessungsgrenze würde hingegen nur Einkommensstärkere treffen, sagte der Professor an der Universität Bremen dem „nd“.
Solidarprinzip in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung
Das Solidarprinzip sei ein normativer Grundsatz in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung. Das heiße konkret: Wer ökonomisch leistungsfähiger ist, zahlt mehr. Bei höheren Arbeitseinkommen sind höhere Beiträge fällig. „Die Beitragsbemessungsgrenze durchbricht dieses System.“ Insofern könnte man sogar eine komplette Abschaffung fordern, so Rothgang, was er nicht tue, weil man dann fragen könne, ob die Versicherungsbeiträge noch in einem angemessenen Verhältnis zu den Leistungen stünden.