Ein ungewöhnlicher Fall vor dem Landgericht Lübeck
Im Strafverfahren kann das Schicksal eines Beschuldigten stark von Gutachtern beeinflusst werden. Ein kürzlich verhandelter Fall vor dem Landgericht Lübeck verdeutlichte dies eindrucksvoll. Ein ehemaliger Staatsanwalt wurde wegen schweren sexuellen Missbrauchs seines achtjährigen Sohnes angeklagt. Der 53-jährige Jurist gestand die Tat nicht, behauptete jedoch, sich an nichts erinnern zu können und sie im Schlaf begangen zu haben. Das Verfahren zog sich lange hin, da die Staatsanwaltschaft Kiel es zuvor eingestellt hatte. Sie stützte sich unter anderem auf ein Gutachten für das Familiengericht, das dem Vater eine „Sexsomnia“ bescheinigte – eine Störung, bei der Betroffene im Schlaf unbewusst sexuelle Handlungen ausführen.
Die Frage der Schuldfähigkeit
Die Gutachter spielten somit eine entscheidende Rolle bei der Frage der Schuldfähigkeit des Angeklagten. Wenn jemand eine Straftat im Schlaf begeht und sich nicht bewusst ist, kann er dafür nicht rechtlich belangt werden. In diesem Fall war die Gutachtenerstellung entscheidend für den Ausgang des Verfahrens und verdeutlichte die Macht, die Gutachter in Strafverfahren haben können.